Fräulein Ida und wie sie die Welt sieht

2023-12-01

Dran bleiben

Nachdenklich-demütig-hoffnugsfroh

Heute habe ich ein Video bei Facebook angesehen. Es war nur fünf Minuten lang. Man sah einen kleinen, jungen & schwarzen Hund in einem Hundebett. Ein größerer, älterer & hellerer Hund liegt davor und schaut Richtung kleiner Hund. Der Kleine ist unruhig, bewegt sich viel. Langsam rutscht er vom Hundebett in Richtung älterer Hund. Zack ist er ganz auf dem Fußboden vor dem Anderen. Der Andere droht, knurrt und hält den Kleinen fest. Eine Pfote steht auf dem Schlappohr, die Drohung wird in den Raum gebrüllt, direkt neben dem Hals des Kleinen. Steif steht der Grosse da und wartet…zählt förmlich die Sekunden. Der Kleine schreit Zeder & Mordio, pullert sich ein, windet sich wie ein wurmiges Würmchen. Dann zeigt er die ganze Pallette submissiven Verhaltens. Der Grosse gibt nach.
Nach einer gefühlten Ewigkeit begleitet der Ältere den Kleinen weiter drohend und räumlich einschränkend bis zurück zum Hundebett.
Sind alle vier Pfoten des Kleinen in den Hundebett zieht sich der Grosser zurück.

Das Video ist zu Ende und ich verneige mich vor dem Terrier. Die Ausdauer, Zielstrebigkeit & Genauigkeit beider Hunde macht mich atemlos & demütig.

Ich denke sogleich an unser Hundetraining. Denke in dieser Jahreszeit an das Vergangene. Welche Teams ich auf den Weg bringen konnte und welche ich verlor. Warum verlor? Tja, ich kann nur mutmaßen. Training ist verdammt hart. Training braucht viel Engagement.Training braucht Mut! Training braucht soziales Feedback, ganz ohne Keks. Ganz wie der Terrier. Eine Korrektur, die punktgenau gesetzt ist, wird nachhaltig verstanden.

In einer Zeit, in der wir so konflitkscheu geworden sind. In der wir uns alles sofort kaufen können. In dieser Zeit bleiben Hunde Hunde. Sie sind keine Plüschtiere, keine Roboter. Sie brauchen Zeit, Geduld & eine Menge Humor.
Menschen kommen mit einem hohen Leidensdru k. Ein sehr intimes Versagen ihres Könnens. Eine leise Scham. Die Hunde hängen brüllen und zerren in der Leine. Unverstanden und ohne Feedback. Ich rate zum Durchhalten, mache Mut und rede gut zu. Für die Hunde bin ich der Terrier, bis seine Menschen zu ebendiesem Terrier werden und erkläre ihnen die Welt. Das kommt nicht immer gut an, aber den Hund allein zu lassen in seinem Leben und nicht mitzuteilen was man möchte, hilft nicht.
Es ist überfordernd, es ist schwierig und benötigt grossen Mut! Und es lohnt sich. Die Menschen geben zu schnell auf. Sie kommen Einmal, manche Zweimal. Die wenigsten bleiben dran.
Die, die dabei bleiben und mir ihr Vertrauen schenken, werden reich belohnt. Die Hunde machen eine grandiose Entwicklung durch. Manche schneller, manche langsamer und wirklich ALLE schaffen es. Sie haben alle brüllen, schreiend, zerren ihren Weg begonnen und sie haben nicht aufgegeben. Es kostet Blut, Schweiss & viele Tränen. Ich sage immer: es braucht viel Wein, Schokolade & deine Trainerin auf der Kurzwahl 😉
Wenn es dann läuft, könnte der Stolz nicht größer sein.

Für all die Verlorenen empfinde ich tiefes Mitgefühl. Ich kann es verstehen, mir ging es ähnlich. Vielleicht findet ihr den Weg zurück oder zu einem anderen Terrier in Menschengestalt.

Eure Lydia

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